Tourismus
  1. Rathaus
  2. Bürger & Service
  3. Aktuelles
  4. Detail

„Wir werden wie schon seit 10 Jahren gegen einen Wildwuchs von Windenergie kämpfen“

Nach der Verabschiedung des Wind-an-Land Gesetzes im Jahr 2022 durch den Bund sind nicht mehr die Städte und Gemeinden für die Ausweisung von Windenergiebereiche zuständig und haben daher seit 2022 auf die Planung dieser Bereiche keinen Einfluss mehr. Jetzt sind in NRW die Bezirksregierungen für diese Ausweisung verantwortlich. Mit der Änderung werden nun seitens der Bezirksregierung Windenergiebereiche, also die Bereiche, wo Windenergieanlagen entstehen können, festgesetzt. Dies ist für die Stadt Winterberg insofern wichtig, als dass in diesem Plan auch die Windkraft-Flächen für das Stadtgebiet festgelegt werden. Knapp 5 Prozent der kommunalen Fläche waren im ersten Entwurf vorgesehen. Aufgrund weiterer Prüfung und der Beharrlichkeit von Rat und Verwaltung wurde die Anzahl der Flächen reduziert, so dass aktuell noch knapp 4 Prozent des Stadtgebietes für Windenergieanlagen vorgesehen sind. Dies kritisiert Winterbergs Bürgermeister Michael Beckmann weiter ausdrücklich. Hatte die Stadt im Rahmen der öffentlichen Beteiligung doch klare Änderungsanträge und Stellungnahmen an die Bezirksregierung herangetragen, um das Landschaftsbild mit Blick auf den Tourismus sowie die Lebensqualität der Winterbergerinnen und Winterberger zu erhalten und gefordert, die Flächen erheblich zu reduzieren.

Dank an alle, die sich ins Verfahren eingebracht haben

„Wir sind sehr enttäuscht darüber, dass die Bezirksregierung keine unserer Änderungsvorschläge berücksichtig hat. Wir haben bislang alle uns zur Verfügung stehenden Mittel ausgeschöpft, um das von Einheimischen und Gästen gleichermaßen wertgeschätzte sowie die Lebensqualität prägende Landschaftsbild zu schützen Leider waren die getroffenen Aussagen zu den Hinweisen seitens der Bezirksregierung ernüchternd. Ich danke auch allen Bürgerinnen und Bürgern, die sich ebenfalls bisher ins Verfahren eingebracht haben. Wir werden auch in der jetzt laufenden öffentlichen Beteiligung nicht müde, unsere klaren Forderungen zu adressieren. Zudem werden wir mit aller Konsequenz weiter unseren Winterberger Weg verfolgen, um möglichst viel Wertschöpfung aus der Windenergie in unserer Stadt zu halten und sie für unsere Bürgerinnen und Bürger einzusetzen“, zeigt sich Michael Beckmann gewohnt kämpferisch, aber auch dankbar für die Unterstützung vieler. Und er legt nach: „Unsere wunderschöne Natur ist ein entscheidender Faktor für die Lebensqualität für unsere Bürgerinnen und Bürger. Dafür kämpfen wir. Sie ist aber auch eine tragende Säule für den Tourismus, der für unsere Stadt in Sachen Wirtschaftskraft sowie Arbeitsplätze dominierend ist. Es ist nicht zu akzeptieren, dass dieses Fundament wegbricht, weil die Gefahr besteht, dass Gäste sich wegen des zerstörten Landschaftsbildes abwenden und Winterberg dadurch unverhältnismäßig belastet wird. Eine Akzeptanz-Studie der IHK Arnsberg und ein Gutachten, das die WTW beauftragt hat, bei der potentielle Gäste zur Windkraft im Sauerland befragt wurden, belegt diese These“, so Winterbergs Bürgermeister. Diese Studien haben uns dazu gedient, neben der klaren Haltung des Rates und der Winterberger Bürgerinnen und Bürger, ein weiteres Argument im Rahmen des Prozesses bei der Bezirksregierung vorzutragen.

Der Winterberger Weg, der mit breiter Mehrheit vom Rat getragen wird, hat grundsätzlich zum Ziel, möglichst viele der im Regionalplan festgelegten Flächen in die eigene Hand zu nehmen und so zu gestalten, dass die darüber erwirtschafteten Einnahmen direkt den Bürgerinnen und Bürgern oder über Investitionen in Bildung, Infrastruktur, Freiwillige Feuerwehr, Ehrenamt und vieles mehr zugutekommt. „Allerdings müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass bereits mindestens 3 Flächen seitens der Eigentümer an Projektierer verpachtet wurden. Dort werden wir Windenergieanlagen sehen und die Wertschöpfung wird weitestgehend abfließen. „Wir sind deshalb intensiv dabei, gute Angebote an die Grundstücks-Eigentümer zu adressieren, um selbst die Zügel in der Hand zu haben“, betont Winterbergs Bürgermeister mit breiter Zustimmung des Stadtrates.

Kommunen haben keinerlei Handlungs-Möglichkeit

Zur Erinnerung: Die Planungshoheit über den Bau von Windkraftanlagen liegt schon lange nicht mehr in den Händen der Stadträte und Stadtverwaltungen. Vielmehr bestimmen Landesregierung und insbesondere die Bezirksregierung Arnsberg über den Regionalplan, in welcher Größenordnung und vor allem wo Windkraft-Flächen in den jeweiligen Städten entstehen. „Den Städten und Gemeinden sind dabei komplett die Hände gebunden, wir haben rechtlich keinerlei Handhabe, in diese Planung einzugreifen. Dies hat nichts mehr mit kommunaler Selbstverwaltung zu tun“, kritisierte Michael Beckmann dieses Vorgehen scharf. Hinzu kommt, dass aktuell noch nicht mal mehr Zurückstellungen von Genehmigungsverfahren seitens der Genehmigungsbehörden zulässig sind, wenn die Errichtung von Windenergieanlagen außerhalb der im Entwurf des Regionalplanes dargestellten Windenergiebereiche beantragt wird.

„Dieses Vorgehen birgt gesellschaftlichen Zündstoff!“

Hintergrund: Bis zum Inkrafttreten der Änderung des Regionalplanes konnten bisher Genehmigungsanträge für Windenergieanlagen zurückgestellt werden, wenn Investoren Anlagen auf Standorten beantragen, die außerhalb der im Entwurf des regionalplanes dargestellten Windenergiebereiche liegen. Dieses Prozedere hat ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster aber einkassiert und für rechtswidrig erachtet. Mit der Folge, dass Genehmigungen auf für Windkraft geeigneten Flächen ungeachtet der von der Bezirksregierung festgelegten Flächenvorschlage erteilt werden müssen, wenn alle übrigen Genehmigungsvoraussetzungen eingehalten werden. Dies könnte bis zu dem Zeitpunkt, wenn der Regionalplan rechtswirksam wird, zu einem Wildwuchs an Anlagen führen. „Und dies gilt es auch über unseren Winterberger Weg zu verhindern. Schließlich birgt dieses Vorgehen gesellschaftlichen Zündstoff bis in die Dörfer hinein“, so Beckmann. Und nicht nur das. Winterberg habe gegenüber anderen Städten eine herausgehobene Stellung durch den Tourismus. Ein solcher, massiver Eingriff in das Landschaftsbild lasse erhebliche negative Konsequenzen für den Tourismus und damit auch für die heimische Wirtschaft, die Arbeitnehmer und so die Bürgerinnen und Bürger befürchten, betont der Bürgermeister. Letztlich kann nur ein rechtskräftiger Regionalplan seine Steuerungswirkung entfalten und damit eine Verspargelung der Landschaft verhindern.

Bis zum 5. Februar liegt die 19. Änderung des Regionalplanes nun erneut öffentlich aus. Und damit haben wieder alle Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, zu den geänderten Planinhalten eine Stellungnahme abzugeben. Alle Informationen zur Öffentlichkeitsbeteiligung gibt es im Internet über die Webadresse https://beteiligung.nrw.de/portal/bra/beteiligung/themen/1010784